Straßburg by Bike – Fachwerk, Flair & französische Finesse
- Katharina
- 19. Juli
- 6 Min. Lesezeit
Warum laufen, wenn man auch radeln kann? Anstatt uns durch volle Straßenbahnen oder überfüllte Gassen zu quälen, haben wir uns für den entspanntesten Weg entschieden: mit dem Fahrrad. Auf zwei Rädern lässt sich die elsässische Hauptstadt nicht nur schneller, sondern auch intensiver erleben – mit mehr Luft, mehr Freiheit und ganz ohne müde Füße. Los ging’s in Kehl – nur einen Katzensprung vom Rhein entfernt, wo unser kleines Fahrrad-Abenteuer begann.

Von Kehl ins Herz Europas
Unsere Tour startet am Bahnhof Kehl. Hier hält halbstündlich die Bahn aus Offenburg. Direkt am Bahnhof gibt es außerdem einen kostenlosen Park‑&‑Ride-Parkplatz – perfekt für alle, die mit dem Auto anreisen und ihr Bike im Gepäck haben.
Ab hier geht’s direkt über die Rheinbrücke – eine elegante Passage, die uns mitten hinein nach Frankreich führt. Schon der Übergang vom deutschen zum französischen Flair hat was Magisches. Und das Beste: Radwege deluxe! Kein Verkehrschaos, keine Parkplatzsuche. Die Wege sind außerdem perfekt ausgeschildert. Halte dich einfach immer an das Symbol mit dem Fahrrad.
Zwiebeltürme & Märchenflair

Unser erster Halt liegt mitten im Europaviertel. Die russisch-orthodoxe Allerheiligenkirche “Église orthodoxe de Tous les Saints” – ein architektonisches Kleinod. Ihre goldenen Zwiebeltürme und grünen Kuppeln erinnern an Kirchenbilder aus russischen Märchen und heben sich markant von der Umgebung ab. Die Kirche gilt als „Perle von Straßburg“ und zieht mit ihrer außergewöhnlichen Gestaltung nicht nur Gläubige, sondern auch Architekturliebhaber und Fotografen an. Innen wie außen ein Ort der Stille und Schönheit. Auch wir sind restlos begeistert von der detailverliebten Baukunst, die sich vor uns auftut.
Ein grünes Juwel zwischen Stadt und Seele
Nur ein paar Fahrminuten weiter öffnet sich Straßburgs ältester und schönster Park: der Parc de l'Orangerie. Zwischen schattigen Alleen, Picknickwiesen, historischen Gebäuden und einem idyllischen See mit Wasserfall kann man sich kaum entscheiden, wo man zuerst hinwill.
Hier begegnet man außerdem auch dem berühmtesten Bewohner des Elsass hautnah: dem Storch. Die großen Nester auf den Baumwipfeln, das Klappern der Schnäbel – hier erlebt man das Wappentier ganz nah. Und wer Lust hat, kann am offenen Bücherschrank „Livres en liberté“ stöbern. Daneben gibt es außerdem zahlreiche kleine Bücherhäuschen im Park zum kostenlosen Büchertausch. Ein echter Geheimtipp für Leseratten. Und: Es gibt nicht nur französische Bücher. Auch deutsche Ausgaben finden sich in der Auslage. Stöbern lohnt sich!

Besonders empfehlenswert ist auch ein Streifzug durch den üppig blühenden Rosengarten im Orangeriepark. Eine schöner als die andere – mit ebenso poetischen wie überraschenden Namen. Von „Souvenir de la Malmaison“ bis „Queen Elizabeth“: Hier blüht es nicht nur für die Nase, sondern auch fürs Kopfkino.
Weitere Highlights im Park: das Gourmetrestaurant „Buerehiesel“, untergebracht in einem historischen Fachwerkhaus. Perfekt für ein gehobenes Mittag- oder Abendessen mit Blick ins Grüne (Reservation empfohlen). Und wer es romantisch mag, findet im „Pavillon de l’Amour“ (Tempel der Liebe) einen besonders idyllischen Ort. Der kleine Rundbau im klassischen Stil liegt malerisch am Wasser – und ist ein beliebter Spot für Verliebte, Ruhesuchende oder einfach für ein schönes Foto. Kurz: Die Orangerie ist nicht nur ein Park – sie ist ein Erlebnis zwischen Natur, Kultur und Genuss. Und Fotomotive gibt es an jeder Ecke.
Übrigens: Der Park liegt im sichersten Viertel der Stadt. Kein Wunder, schließlich befindet sich hier auch das Europäische Parlament. Wer Zeit hat, kann das Gebäude im Rahmen einer Führung besichtigen. Wir heben uns das für einen extra Besuch auf – heute gehört der Tag ganz dem Fahrrad, der Stadt und ihren vielen Facetten.
Im Park hätten wir es definitiv noch länger ausgehalten, doch die Neugier auf weitere Plätze lässt uns wieder in die Pedale treten. Der Weg dorthin führt uns durch ein prächtiges Gründerzeit-Wohnviertel. Die Villen und Fassaden stammen aus der Zeit zwischen 1870 und 1918, als Straßbourg unter dem Reichsland Elsass-Lothringen stark erweitert wurde. Das gesamte Viertel entstand im Stil des Historismus und nimmt uns mit auf eine kleine Zeitreise. Opulente Fassaden mit reichen Jugendstil-Ornamenten, kunstvoll verzierte Türen, schmiedereiserne Balkone. Echte Baudenkmäler zieren hier den Weg. Besonders markant ist die Villa Schutzenberger in Art‑Nouveau‑Stil, erbaut um 1900, heute Sitz der Europäischen Audiovisuellen Beobachtung – ein echtes Architektur-Juwel.

Wir rollen somit staunend durch die Straßen in Richtung unseres nächsten Zieles: der Paulskirche. Derren Erscheinung ebenso magnetisierend ist für Architektur- und Geschichtsfans wie wir es sind. Mit zwei 76 Meter hohen Türmen, einer riesigen Rosette und romantischer Lage mitten in der Ill ist ihr Anblick eine wahre Pracht.
Im Inneren befinden sich zwei Orgeln, regelmäßig finden hier Konzerte statt. Besonders in den Abendstunden, wenn die Sonne die Kirchenfenster in warmes Licht taucht, ist die Atmosphäre magisch. Außerdem empfehle ich dir, auf die nächstgelegene Brücke der Ill zu laufen und die Kirche aus der Entfernung zu fotografieren. Nicht umsonst ist sei eines der beliebtesten Fotomotive der Stadt. Und das zurecht.
Rheinpalast – Historie trifft Parkromantik
Genug gestaunt und weiter geht’s auf unserer Stradtrundfahrt! Ein paar Fahrminuten später stehen wir am Rheinpalast, einem Neorenaissance-Prachtbau aus dem 19. Jahrhundert. Ursprünglich gebaut für den Kaiser, ist das Gebäude heute Sitz der französischen Kulturbehörde DRAC. Es gibt durchaus unattraktivere Behördengebäude. Hinein kommt man nur zu besonderen Anlässen oder Führungen. Aber auch von außen ein echter Hingucker mit Charme, Kuppeln, Säulen und einem wunderschönen Park drumherum.

Obwohl der Palast nicht frei zugänglich ist, lohnt sich eine Rast durch den angrenzenden Park: alte Bäume, schmiedeeiserne Zäune und eine entspannte Atmosphäre machen diesen Ort zu einem perfekten Picknickspot.
Der Palast liegt an der Place de la République, dem Herzen des Neustadtviertels – ein idealer Ort, um kurz durchzuatmen. Auch wir gönnen uns hier erneut eine kleine Pause und lassen den Blick schweifen: Liebespaare flanieren Hand in Hand, Künstler skizzieren konzentriert in ihre Bücher, Studierende genießen ihre Auszeit, und Senioren plaudern auf den Bänken. Manchmal braucht es nicht viel. Einfach beobachten, wirken lassen – und das Leben leben lassen.
Majestätisch & monumental: Das Straßburger Münster
Was wäre ein Besuch in Straßburg ohne einen Abstecher in die Altstadt? Richtig – unvollständig, beinahe ein Sakrileg! Denn dort wartet das Herzstück der Stadt auf uns: das majestätische Straßburger Münster. Zwischen 1176 und 1439 erbaut, ragt sein filigraner Nordturm mit stolzen 142 Metern so weit in den Himmel, dass selbst die Tauben kurz staunen.

Was ihr euch nicht entgehen lassen solltet: das Münster (offiziell: Liebfrauenmünster zu Straßburg) von Innen zu besichtigen. Unter anderem findet ihr im rechten Querhaus ein Wunderwerk der Technik die astronomische Uhr. Täglich um 12:30 Uhr setzt sich das gigantische mechanische Figurenspiel in Bewegung – mit Aposteln, einem krähenden Hahn und Symbolen des Lebenszyklus. Historie, Technik, Theater – alles in einer Uhr!
Außerdem solltet ihr euch den Blick vom Münster auf die Stadt nicht entgehen lassen. 330 Stufen führen zur Aussichtsplattform in 66 Metern Höhe. Der Aufstieg lohnt sich – oben warten ein atemberaubender Blick über Altstadt, Vogesen und Schwarzwald sowie ein kleiner Ausstellungsraum zur Baugeschichte. Besonders cool: Von hier oben könnt ihr wunderbar sehen, wo wir schon überall waren. Da ist die Paulskirche, dort das Europaparlament, ein Stück weiter glänzt die Kuppel der russisch-orthodoxen Kirche. Und als kleines Extra gibt’s schon einen Blick auf das, was noch kommt – zum Beispiel das malerische Viertel Petite France. Ein Stadtrundgang aus der Vogelperspektive sozusagen.

Fun Fact: Cool to know: Mit 142 Metern war das Straßburger Münster von 1647 bis 1874 das höchste Gebäude der Welt – über zwei Jahrhunderte lang also ein Rekordhalter aus Stein.
Haus Kammerzell – Das schönste Fachwerkhaus der Stadt
Direkt neben dem Münster entgeht kaum einen der Blick auf eines der schönsten Fachwerkhäuser Europas: das Haus Kammerzell. Sein Untergeschoss stammt von 1467, das reich verzierte Obergeschoss wurde 1589 im Stil der Renaissance ergänzt.
Innen gibt’s Holzvertäfelungen, bunte Wandmalereien des Künstlers Léo Schnug und Jugendstil-Details. Heute befindet sich hier ein Restaurant mit klassischer elsässischer Küche – aber auch von außen ist das Haus ein echter Blickfang und sollte auf keinem Erinnerungsfoto fehlen.

Extra-Tipp: Lasst euch für einen Moment einfach durch die Gassen rund um das Münster treiben und gönnt euch eine süße Pause in einem der gemütlichen Straßencafés. Wie wär’s mit einer typisch französischen Leckerei? Ein zartes Éclair, ein fruchtiges Tartelette, ein buttriges Croissant, ein luftiges Millefeuille oder ein farbenfrohes Macaron – die Pâtisserie-Auswahl ist ein Traum für Naschkatzen. Bon appétit!
Postkartenidylle: Petite France & die Ponts Couverts
Zum krönenden Abschluss geht es ins wohl romantischste Viertel der Stadt: Petite France. Fachwerkhäuser, Kopfsteinpflaster, kleine Brücken – es wirkt fast wie ein Gemälde oder die kulisse eines wildromantischen Filmes. Und mittendrin: die Ponts Couverts – drei alte Brücken mit vier Wehrtürmen. Obwohl sie heute nicht mehr überdacht sind, tragen sie bis heute den historischen Namen. Die vier mittelalterlichen Wehrtürme erinnern an die Zeit, als Straßburg noch eine Festung war. Der Ausblick von der Brücke auf die Altstadt, das Wasser und die Vauban-Staustufe ist pure Magie – vor allem im Abendlicht.
Der Rückweg: Voller Eindrücke, ohne Blasen – und mit ganz viel Lust auf mehr
Langsam rollen wir zurück nach Kehl. Hinter uns liegt ein voller, faszinierender Tag – aber keiner, der in den Füßen zwickt. Dank Fahrrad konnten wir Straßburg ohne Stress erleben: frei, flexibel und mit ganz neuen Blickwinkeln.
Fazit: Genial einfach, einfach genial:
Mehr sehen in weniger Zeit
Keine Parkplatzsuche, keine Wartezeiten
Ganz nah an Stadt, Geschichte und Natur
Ideal für Tagestouren – auch mit Kids oder Freunden
Und irgendwie, mitten im Alltagsgetümmel zwischen radelnden Straßburger*innen, haben wir uns der Stadt näher gefühlt als bei manch klassischer Stadtführung. Wer einmal so durch Straßburg gerollt ist, wird zu Fuß kaum noch durchkommen wollen – zu frei, zu lebendig, zu schön ist das Gefühl auf zwei Rädern. Also: Helm auf, Gang rein – und erlebe Straßburg auf die vielleicht schönste Art! C’était magnifique und ein kleines bisschen joie de vivre auf zwei Rädern.

Die Tour in der Zusammenfassung:
ca. 18 Kilometer
Reine Fahrtzeit ca. 1 Stunde 10 Minuten
Mit den zahlreichen Stopps und Pausen ist ein Tag gut gefüllt

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