Schottland by Bike Teil 1: wie alles begann
- Katharina

- 1. Juni 2023
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 5. Okt.
14 Tage, 2 Fahrräder, 2 Normalos und ein großer Traum: Schottland aus eigener Muskelkraft erkunden. Die Highlands überqueren, das Meer bewundern, Kunst und Kultur erleben. Das bisher größte Reiseabenteuer unseres Lebens steht in wenigen Wochen bevor. Über Träume, Ängste und Realität. Von Abenteuerfilmen und eigenen Grenzen. Teil 1 der Serie rund um unsere Radreise durch Schottland. Heute: Wie alles begann.

Das Internet ist voll von Bikepacking Abenteuern und Aussteigern, die mit dem Fahrrad die Welt erkunden. Auch uns hat das Fieber erwischt. Zahlreiche Filme später sitzen wir auf heißen Kohlen und können es kaum erwarten. Die erste Generalprobe ist auch geschafft. Über Ostern haben wir eine 155 km lange Tour durch den Nordschwarzwald gemacht. Fazit: Hammer!
Hammer schön, hammer kalt, hammer anstrengend. Es wahr wahrhaftig auch etwas beängstigend, der Realität eiskalt ins Auge zu blicken und am eigenen Leib zu erfahren, was es wirklich bedeutet, mit 20 Kilo am sonst leichten Fahrrad einen Berg hochzufahren, sich abends einen Schlafplatz zu suchen und dabei zu merken: Der Wetterbericht ist eben doch nicht immer hundertprozentig und man muss einfach mit allem rechnen.
Ein bisschen hat dieser erste Härtetest die Vorfreude in ein mulmiges Gefühl verwandelt. Doch auch das ist Teil eines Outdoor-Abenteuers: Sich immer wieder neu ausrichten, flexibel bleiben und nicht von Ängsten lähmen lassen; ansonsten könnten wir auch auf dem heimischen Sofa bleiben und weiter netflixen.
Wie alles begann
Letztes Jahr hieß es das erste Mal: Scotland calling! Ein kleiner Traum wurde war und es ging für fünf Tage nach Edinburgh. Als wir eines abends auf Arthur's Seat in Edinburgh standen und in die Ferne blickten, erspähten wir zwei markante Erhebungen am Horizont. Was ist das? Am nächsten Tag radelten wir mit geliehenen Fahrrädern in diese Richtung, um einfach mal zu schauen, was kommt. Zugegeben: Man hätte auch googeln können, doch ins Blaue zu fahren und das Abenteuer des Unbekannten anzunehmen, war für uns viel reizvoller.

So ging es also von Edinburgh Richtung Osten. Für einige Zeit war das Meer unser stetiger Begleiter und sorgte für traumhafte Zwischenstopps. Drei Stunden später erreichten wir North Berwick. Ein kleines, malerisches Fischerdorf an der Ostküste Schottlands, ca. 45 km von Edinburgh entfernt.
Die Zeit schien hier etwas langsamer zu ticken. Wir folgten den zarten Klängen einer Violine in Richtung Pier. Dort saß ein älterer Herr und spielte seine Lieder, begleitet vom Meeresrauschen und dem Gekreische der Möwen. Verzaubert von der Szenerie mussten wir uns erst kneifen, um zu realisieren: Die zwei markanten Erhebungen, die uns zu dieser Tour motivierten, sind zum Greifen nah: Zum einen handelte es sich um einen 137 m hohen Vulkankegel namens North Berwick Law. Er befindet sich direkt im Ort. Law ist die schottische Bezeichnung für eine Erhebung vulkanischen Ursprungs. Zum anderen blickten wir auf Bass Rock - eine imposante Felseninsel, die sich zwei Kilometer vor der Küste North Berwicks befindet und eine der größten Basstölpel-Kolonien der Welt beherbergt. Wow! Dieser Anblick war einfach atemberaubend.

Am Strand legten wir eine ausgiebige Pause ein, ließen den Blick auf das Meer schweifen und wären am liebsten geblieben. Doch mit zunehmender Flut schlug auch unser Stündchen, denn der Rückweg nach Edinburgh stand noch bevor. Dabei dachten wir: Wenn wir jetzt Zelte dabei hätten, könnten wir uns einfach ein schönes Plätzchen suchen und schlafen. In Schottland ist nämlich Wildcampen erlaubt. Das Einzige, das wir an diesem Tag dabei hatten, waren Rucksäcke mit etwas Proviant. Hieß also: weiter strampeln und durchhalten.
Auf den letzten Kilometern in Richtung Hotel ging die Sonne langsam unter und wir erlebten einen traumhaften Sonnenuntergang. Die Stimmung war einfach genial und der ganze Tag mit all seinen Erlebnissen war ein Urlaubstag, ganz nach unserem Geschmack. Danach war dann auch klar: Das war nicht die letzte Radtour durch Schottland. Nächstes mal mit eigenen Rädern und Zelt im Gepäck. Immer der Nase nach, wie an diesem besonderen Tag, der uns unvergessliche Momente bescherte.
Immer der Nase nach
Anfang des Jahres wurde es amtlich: Wir machen das! Die North Coast 500 wurde dann schnell Gesprächsthema Nummer Eins. Kurz gegoogelt, Bilder gesehen: Wow, das isses! Die NC500 gilt als Route 66 des Nordens und führt über 500 Meilen vorbei an unzähligen Top-Spots des Landes. 500 Meilen entsprechen rund 805 Kilometern; verteilt auf 14 Tage bedeutet das: Selbst wenn wir täglich nur 60 km fahren, können wir es schaffen. Machbar? Machbar!

Bild: Verlauf der North Coast 500 - der Route 66 des Nordens. Eine Traumroute, auch für viele die mit dem Campervan unterwegs sind. Quelle Foto: https://de.wikipedia.org/wiki/North_Coast_500
Nach unserer Generalprobe im Nordschwarzwald war die Stimmung dann durchwachsen und wir wurden nachdenklich. Es war kräftezehrend – der freie Tag danach purer Balsam. Der Gedanke an die Wegstrecke, die wir uns mit der NC500 aufhalsten, löste unbehagen aus. Dabei erinnerten wir uns an die Tour im letzten Jahr, als wir einfach ins Blaue gefahren sind. Genau das hat für uns den Reiz ausgemacht. Wir stellten somit fest: Das Ziel die NC500 zu schaffen ist zwar ein extrem tolles, doch irgendwie setzen wir uns damit selbst Grenzen und erzeugen Druck. Unser neuer Plan lautet somit: In Schottland ankommen, Räder zusammenbauen und einfach fahren, wohin der Wind uns trägt. Ob Ost, Süd, West oder Nord. Ob 50 oder 100 Kilometer. Ob ein Stück NC500 oder nicht. Eines ist dabei gewiss: In jede Richtung werden wir überrascht werden und Neues entdecken. Und unser Urlaub soll am Ende doch auch eines sein: Urlaub und kein Wettrennen.
Wir sehen nur den fertigen Kuchen
Abenteuerfilme sind eine großartige Inspiration und Motivation. Dabei sehen wir aber immer nur den fertigen Kuchen und nicht wie er gebacken wurde. Es ist oft nicht klar, ob das ganze Vorhaben nicht doch Teil einer ausgeklügelten Marketingstrategie war um damit bekannter zu werden, Follower zu generieren oder Sponsoren zu halten.
Auch für mich als Autorin klang der Titel “Mit dem Rad über die NC500” mehr als verlockend. Doch was bringt mir ein toller Titel, wenn es doch eigentlich mehr Stress als Freude auslöst. Und wie ein Sprichwort so schön verheißt: Man hat jeden Tag die Möglichkeit, nochmal von vorne anzufangen.
Statt der Frage: “Wie schaffen wir nur diese Kilometer?” haben wir das Blatt gewendet und fragen stattdessen: Was sind meine persönlichen Grenzen? Wie ist mein sportliches Level? Wie viel Ruhezeiten brauche ich, um nachhaltig mit dem Rad zu reisen? Was möchte ich überhaupt von Schottland sehen und erleben? Denn Körper und Geist sind während eines solchen Abenteuers die treibende Kraft.
Somit möchte ich mit unserer Reise dafür plädieren, seine eigenen Grenzen anzunehmen und nicht krampfhaft nach höher, schneller und weiter zu streben. Wenn man etwas angeht, das man zuvor noch nie gemacht hat, wird man immer einen Rekord brechen: den Rekord für sich selbst neue Wege gegangen zu sein und etwas geschafft zu haben, das vorher unerreichbar schien.

Lust unsere Reise weiterzuverfolgen? Demnächst kommt Teil 2 von Schottland by Bike. Dann geht es um Anreise, Unterkunft, Equipment und Lagerflächen. Wie kommen wir hin? Wo lagern wir bestimmte Dinge? Was haben wir dabei? Antworten auf die Großen W's mit Übersicht über alle Möglichkeiten der Anreise.
Weitere Infos
Unser Räder haben wir bei https://www.biketrax.co.uk/de geliehen. Super netter Service, große Modellauswahl und faire Preise. [unbezahlte Werbung]
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